Auf dem Flohmarkt oder in den Second-Hand-Shops finde ich immer wieder Möbelstücke, die zum Aufbereiten geeignet sind. Ich stelle mir dann vor, wie außergewöhnlich diese Teile nach einem Upcycling aussehen. Und das oftmals mit wenig Aufwand und geringem Geldeinsatz.
Der Stolz, der einem nach erfolgreich getaner Arbeit erfüllt, und die Einzigartigkeit, die das vollendete Stück dann hat, machen mich glücklich. Ja, mich macht es glücklich, wenn ich mit meinen eigenen Händen etwas erschaffe, auch wenn es am Ende nicht perfekt geworden ist.
Das begann schon im Kindergartenalter und hat sich bis heute nicht geändert. Ihr könnt euch vorstellen, dass mir die Trends Wabi Sabi, Shabby oder Hygge wie gerufen kommen. Es soll alles wie gebraucht aussehen und ja nicht perfekt, sondern eher unvollkommen.
Meine Lieblingsmaterialien sind natürlich Holz, weil es sich so einfach bearbeiten lässt. Aber auch Textilien, weil ich zum Experimentieren nur Schere, Nähmaschine und Tacker brauche. Holz und Stoffe lassen sich so einfach verarbeiten und fühlen sich auch noch gut an. Holz und Leder riechen dazu auch noch angenehm. Drei von fünf Sinn werden angeregt…toll.
Ein langweiliger Hocker vom Flohmarkt ist Ausgangspunkt
Diese Mal habe ich für nur 5,- € einen einfachen Holzhocker in gutem Zustand ergattert. Vermutlich Kiefer oder Fichte, klar lackiert. Normalerweise würde ich den Naturlook lassen. Aber für diesen Preis kann man auch mal mit Farbe experimentieren. Dunkles Grau hat es mir zur Zeit angetan. Warum also nicht einfach mal grau streichen und anschließend stellenweise wieder abschmirgeln.
Damit die Farbe trotzdem gut hält habe ich den Hocker zuerst komplett abgeschmirgelt um den Klarlack soweit es ging zu entfernen. Dann 1-2 mal gestrichen und zwischendurch die Farbe wieder stellenweise entfernt. Das war´s schon.
Holzteil bearbeiten - streichen und abschleifen
Nach dem Streichen erst grob mit der Maschine schleifen, um den used Look zu erhalten.
Schön ringsum – auch von unten.
Einige Stellen noch mit Hand bearbeiten bis es optisch passt.
Für die Sitzfläche habe ich ein Stück Schaumstoff zugeschnitten und mit der Heißklebepistole an die Sitzfläche geklebt, damit es nicht verrutscht. Darauf kommt noch ein weiches Fließ, das den Hocker bequemer macht und die Ecken weniger scharfkantig.
Ich habe mir mal bei IKEA eine dieser Innen-Decken für unter 4 € gekauft. Aus einer dieser Decken bekomme ich Material für mehrere Sitzgelegenheiten. Darauf nochmal eine Lage Stoff, der alles gut zusammen hält. Soll ja schließlich nichts verrutschen. Alles schön an die Unterseite des Hockers tackern.
Sitzfläche mit Schaumstoff und Flies polstern
Nicht zu dünner Schaumstoff passend zuschneiden
Flies drüber wegen der scharfen Kanten.
Von der Unterseite her alles gut festtackern.
Jetzt geht’s ans Leder. Dafür habe ich im Sozialkaufhaus eine gebrauchte Lederhose aus weichem Ziegenleder* für unter 10 € ergattert. Daraus habe ich nicht nur den Bezug gemacht, sondern auch noch eine Handtasche. Und hab noch so viel übrig, dass ich mindestens noch einen Hocker beziehen könnte. Das besondere, die Hose hat am Bein diese schöne geflochtene Naht. Die macht sich ganz besonders gut, finde ich.
* Ziegenleder ist für Sitzmöbel nicht die erste Wahl, da eigentlich viel zu zart und empfindlich. Lässt sich aber super leicht verarbeiten, ähnlich wie Jeans-Stoff. Wenn das Sitzmöbel viel aushalten muss, besser Schweine- oder Rindsleder verwenden. Sind natürlich schwerer zu verarbeiten, ist eher was für Profis mit passendem Werkzeug.
Die Verarbeitung ist super einfach. Mit reichlich Beigabe zuschneiden, mit der Innenseite nach oben auf den Tisch legen. Den Hocker kopfüber darauf. Schön vermitteln, sodass auf allen vier Seiten gleich viel Leder über steht. Von der Mitte aus zur Ecke und immer erst die gegenüber liegenden Seiten tackern. Dabei immer etwas spannen, aber nicht zu viel, sodass es keine „Rillen“ gibt. Am Ende die Ecken tackern und überschüssiges Leder abschneiden, fertig. Voilà, ist er nicht schön geworden?
Jetzt kommt der Bezug an die Reihe
Sitzfläche ist weich gepolstert und bereit für den finalen Bezug.
Upcycling einer gebrauchten Hose aus Leder. Aus ihr wird nun der Bezug zugeschnitten.
Ausgerechnet Kühe schauen mir zu wie ich Leder verarbeite.
Die Idee kann unendlich modifiziert werden
Statt in grau macht sich die Idee auch richtig gut in Farbe, z.B. pink oder blau fürs Kinderzimmer. Oder statt Leder einfach einen schönen Webpelz. Da freuen sich alle kleinen Prinzessinnen.
Oder nimm einen Baumwollstoff mit den Lieblingsmotiven der Kinder. Das schöne daran. Werden die Kinder älter und der Bezug ist nicht mehr zeitgemäß, wird er einfach ausgetauscht. Dazu die Tackernadeln der oberen Schicht entfernen. Geht ganz einfach mit einem dünnen Schraubenzieher und einem Seidenschneider. Neuen Stoff zuschneiden und wieder neu bespannen.
**Die Aktion ist nur im angegebenen Aktionszeitraum im OBI.de Onlineshop gültig. Die Preise in den Märkten können abweichen. Nicht gültig bei Bestellungen, bei denen online reserviert und im Markt abgeholt wird.
Die Nutzung eines Tackers erfordert etwas Übung
Wer nicht weiß wie man einen Tacker benutzt schaut sich das auf YouTube an. Wer das erste Mal etwas mit Stoff bespannt, sollte mit einem einfachen Brett anfangen. Ohne Polster oder Beine die stören könnten. Nimm dir ein mind. 10 mm dickes Brett aus weichem Holz Siebdruck- oder OSB-Platten), nicht ganz so dicker Stoff (weil die Ecken etwas tricky sind) und übe erst mal.
Das Brett kann sogar weiter genutzt werden. Mit Gummibänder umspannt hast du ein tolles Pinboard für Postkarten etc. Macht sich auch gut als Geschenk. Du kannst so lange üben, bis deiner Familie beim Anblick eines weiteren Pinboards die Tränen kommen. Dann kannst du aufhören, denn jetzt solltest du es können.
Das wichtigste, dass ich in meiner Ausbildung zur Dekorateurin gelernt habe ist, wie man Flächen mit Stoff bespannt. Dieses Handwerk begleitet mich seit 40 Jahren und es ist eine, nein DIE wichtigste Technik die ich je gelernt habe. Wenn man auch nur ein wenig Spaß am Handwerk hat, sollte man unbedingt lernen wie man Dinge mit Stoff bespannt. Denn du kannst damit so unglaublich viele geile Sachen machen.
Ich arbeite mit einem einfachen manuellen Tacker. Die halten ewig und die Anstrengung hält sich in Grenzen. Lass dir von niemandem einreden ein Tacker müsste elektrisch sein, auch nicht für den Hausgebrauch oder für „Frauen“.
Der Elektrische Tacker ist schwer und unhandlich und mit Sicherheit nicht so langlebig wie ein manueller. Nach 40 Jahren habe ich jetzt meinen dritten Tacker. Aber nur weil der erste verloren gegangen ist (hab ihn wahrscheinlich verliehen und nicht wieder bekommen;) Der zweite funktioniert zwar noch, zickt aber ab und an.
Wenn das Haus brennt und ich könnte nur ein Werkzeug retten, wäre es der Tacker…
…oder vielleicht doch die Japansäge!!!. Schwere Entscheidung 😉
Und noch was zur Info. Ein Tacker ist ein Werkzeug mit dem Tackernadeln ins Holz geschossen werden. Das Ding mit dem Papiere zusammen getackert werden nennt sich Hefter.